Die neue Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat eine grundlegende Reform der gesetzlichen Rentenversicherung angeregt. Ihr Vorschlag: Künftig sollen nicht nur Angestellte,sondern auch Beamte,Freiberufler und Selbstständige in die Deutsche Rentenversicherung (DRV) einzahlen. Damit greift Bas eine seit Jahren immer wieder in linken Kreisen diskutierte Idee auf und stößt aktuell eine breite gesellschaftliche Debatte an.
Das deutsche Rentensystem steht vor enormen Herausforderungen. Immer weniger Erwerbstätige müssen die Renten für eine wachsende Zahl von Ruheständlern finanzieren. Die Alterung der Gesellschaft verschärft die Finanzierungslücke,so dass die Einnahmen der Rentenkasse in den kommenden Jahren nicht ausreichen werden,um das derzeitige Rentenniveau zu sichern.
Bas sieht die Lösung in einer breiteren Finanzierungsbasis. „In die Rentenversicherung sollten auch Beamte,Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Wir müssen die Einnahmen verbessern“,erklärte sie in einem Interview. Über die konkrete Ausgestaltung soll eine Rentenkommission beraten,die zeitnah ihre Arbeit aufnehmen soll.
Der Vorstoß von Bas stößt auf ein geteiltes Echo. Unterstützt wird die Idee unter anderem von Teilen der SPD. VdK-Präsidentin Verena Bentele begrüßte die Initiative und bezeichnete es als „überfällig“,dass sich auch Beamte und Politiker an der solidarischen Finanzierung beteiligen. Auch Sahra Wagenknecht (BSW) sprach sich für ein Rentensystem aus,„in das alle einzahlen“.
Starken Widerstand gibt es hingegen von Beamtenverbänden und der Union. Der Deutsche Beamtenbund (dbb) lehnt eine Einbeziehung der Beamten in die DRV strikt ab. dbb-Chef Ulrich Silberbach sprach von einer „Zwangs-Einheitsversicherung“ und warnte vor enormen Kosten durch die Systemumstellung. Die Dienstherren müssten künftig den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung zahlen und die Bruttobezüge der Beamten anpassen. Auch die Union sieht in dem Vorschlag keine nachhaltige Lösung für die Rentenprobleme und verweist auf den Koalitionsvertrag,der eine solche Reform nicht vorsieht.
Die Mehrheit der Freelancer und Selbstständigen in Deutschland nutzt die Möglichkeit einer freiwilligen Rentenversicherung bislang nur selten. Zwar können sich Selbstständige freiwillig versichern und die Höhe ihrer Beiträge flexibel zwischen dem Mindest- und Höchstbeitrag wählen. Die Entscheidung freiwillig einzuzahlen bleibt aber die Ausnahme: Viele Selbstständige bevorzugen andere Formen der Altersvorsorge,etwa private Rentenversicherungen,Rürup-Rente oder Investitionen in Aktien oder Immobilien. Ein Grund für die Zurückhaltung ist die Unsicherheit über die zukünftigen Rentenleistungen und die schlechteren Renditeerwartungen im Vergleich zu Geldanlagen im Kapitalmarkt.
Kapitalmarktbasierte Rentenmodelle (etwa durch Aktien,Fonds oder ETFs) erzielen langfristig in der Regel eine höhere Rendite als die gesetzliche Rentenversicherung. Der entscheidende Unterschied liegt im System: Während die DRV ein umlagefinanziertes System ist,bei dem die eingezahlten Beiträge direkt an aktuelle Rentner ausgezahlt werden und die Rentenhöhe an die Lohnentwicklung gekoppelt ist,basiert die kapitalmarktbasierte Vorsorge auf dem Prinzip der individuellen Ansparung und Investition am Kapitalmarkt.
Allerdings zeigen breit gestreute Aktienportfolios über Jahrzehnte hinweg reale Renditen,die deutlich über der Inflationsrate liegen und damit meist auch über der durchschnittlichen Rendite der gesetzlichen Rente. Beispielhafte internationale Modelle wie die staatlichen Pensionsfonds in Schweden oder Norwegen erzielten in den letzten Jahren Anlageergebnisse von acht bis über zehn Prozent jährlich. Auch in Deutschland wird die Einführung einer sogenannten Aktienrente diskutiert,um die Renditechancen des Kapitalmarktes für die Altersvorsorge zu nutzen.
Allerdings sind kapitalmarktbasierte Systeme auch mit höheren Risiken verbunden,da sie Schwankungen und Krisen am Kapitalmarkt ausgesetzt sind. Die gesetzliche Rente bietet hingegen ein hohes Maß an Sicherheit und ist weniger anfällig für kurzfristige Marktschwankungen. Ihre „Rendite“ orientiert sich an der Lohnentwicklung und wird regelmäßig angepasst – 2025 etwa um 3,74 Prozent,was nur etwas über der erwarteten Inflationsrate liegt.
Im Jahr 2023 beliefen sich diese staatlichen Zahlungen an die DRV auf 112,4 Milliarden Euro,was 22 Prozent der gesamten Einnahmen der DRV ausmacht. Eine zwangsweise Einbeziehung von Selbstständigen und Freelancern könnte langfristig zu einem noch höheren Subventionsbedarf für die DRV führen. Lediglich kurzfristig käme es zu einer Entlastung,solange die noch “jungen” zusätzlichen Beitragszahler noch keine Rente in Anspruch nehmen.
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